5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 Der Sprung ins Ungewisse (Theodor Weissenborn) Von aussen fiel kein Licht in den Raum. Im Flackerschein der auf dem Boden angeklebten Kerzen lastete das Gewölbe des Kellers über den Mitgliedern der Bande und über Martin. Der Strassenlärm, gefiltert durch die meterdicken Mauern der ehemali- gen Brauerei, drang dumpf herein wie das Tosen eines unterirdischen Stroms. Martin stand, die Hände im Rücken verkrampft, an der Wand und starrte in das Gesicht des Bosses, das kalkweiss, von Schatten überspült, auf ihn zu- kam. Er grub die Fingernägel in seine Handflächen: Nein, er würde es nicht sagen. Wieder kam die Stimme des Bosses, lauernd, erregt: "Nun? Der sprung ins ungewisse inhaltsangabe restaurant. Warum bist du nicht erschienen? " Und drohend, heiser: "Ich frage zum letzten Mal! " Martin schwieg. Er konnte, durfte Mutter nicht erwähnen. Alles konnte er sagen, nur das nicht. Er wusste, was sie von ihm hielten... Oh, er hatte kommen wollen!
Es ging eine Treppe hinauf, der Strassenlärm schien näher zu kommen, die Schwärze vor seinen Augen hellte sich auf, sie mussten jetzt im Tageslicht sein. Sand knirschte unter Schuhsohlen, das musste der Betonboden der Maschinenhalle sein, in die sie aus dem Keller heraufgestiegen waren. Wieder wurde es heller. Ein warmes Rot drang durch das Tuch auf ihn ein. Sonnenlicht. Er spürte es auf seinen Armen und Beinen. Nun wusste er nicht mehr, wo er war. Das Licht verblasste wieder. Eine Eisentreppe erklang, ein Treppenabsatz, Be- ton, wieder Eisenstufen. Rot flutete aufs Neue über seine Augen, endlich wurde er abgesetzt. Man stützte ihn, bis er stand, fasste ihn an den Schultern, drehte ihn in eine bestimmte Richtung. Der sprung ins ungewisse inhaltsangabe das. Von irgend- woher kam die Stimme des Bosses: "So stehen bleiben! Nicht von der Stelle rühren, eh' ich es sage! Aufgepasst! Einen halben Meter vor dir ist ein Abgrund! Du weisst nicht, wie tief. Verfolger sind hinter dir. Der Sprung ins Ungewisse ist die einzige Ret-
Er hatte ihnen beweisen wollen, dass er mutig war! Gestern hätten sie ihn aufge- nommen. Er hätte bestanden. Aber Mutter – er konnte ihr nicht widersprechen, seit er das wusste... ("Wissen Sie schon", hatte Frau Strelow im Treppenhaus gesagt, "mit Frau Neumann? Es ist unheil- bar. " Und Frau Jansen sprach es aus: "Krebs? ") Jetzt wussten es alle im Haus. Und Vater wusste es und Martin. Nur Mutter wusste es nicht. Der Sprung | Was liest du?. Er sah sie auf der Couch liegen unter der warmen Decke: "Martin, du musst mir helfen heute Nachmittag: spü- len, einkaufen... " "Schön, du willst nicht", sagte der Boss, "dann also Tortur. He, G3 und G4! Tortur, erster Grad! " Paul und Gerd, die unter ihren Kennziffern Angerufenen, sprangen auf, packten Martin an den Hand- gelenken, stiessen ihn mit den Knien gegen die Oberschenkel, drei-, vier-, fünfmal mit aller Kraft. Als sie ihn losliessen, waren seine Beine taub, er musste sich gegen die Wand lehnen. In verhohlenem Triumph meinte der Boss grinsend: "Nun? Warum bist du nicht gekommen? "
Gesuch um Aufnahme. Erscheine heute Nachmittag um 3 Uhr in der Cassiusstrasse 5, zwecks Ablegung der Mutprobe. Erscheinen pünkt- lich und unter allen Umständen! Die 'Tiger der Nacht', gez. Conny Smeets (Boss). " "Ich konnte nicht kommen! ", stiess Martin hervor – der Schmerz an den Schläfen war unerträglich –, "ich konnte einfach nicht! " "Aufhören! ", sagte der Boss. Die andern traten von Martin zurück. Sprung ins Ungewisse - newslichter – Gute Nachrichten online. Während die "Tiger" sich um den Boss scharten und tuschelten, stand Martin allein und wartete. Nein, sie würden es ihm nicht leicht machen. Aber er wollte es ihnen zeigen! Endlich würden sie ihn anerken- nen. Es hatte alles damit angefangen, dass er Conny für die Verbesserung sein Deutschheft geliehen hatte, das Heft, in dem sein Gedicht lag, das er in den Ferien bei Onkel Bernhard gemacht hatte, an dem Abend, als Mutter spät in der Dunkelheit mit ihm durch die Felder gegangen war... Conny hatte das Gedicht gefunden. In der Pause hatten sie ihn umlagert, Kopf an Kopf, eine johlende, brüllende Menge.