Von Oliver Lepold 16. 12. 2021 um 12:46 Welche Rolle spielt die Finanzbildung der Deutschen bezüglich der Altersvorsorge? Verena von Hugo und Sven Schumann vom Bündnis Ökonomische Bildung Deutschland (BÖB) über mangelnde Aktienkultur, die Aufgabe der Berater und die neue Aktienaffinität bei jungen Menschen. Pfefferminzia: Die Deutschen gelten im internationalen Vergleich bei Vorsorge und Kapitalanlage als besonders risikoscheu und garantieversessen. Woran liegt das? Sven Schumann: Aktienkultur in Deutschland ist im internationalen Vergleich unterentwickelt. Das hat auch mit mangelnder Finanzbildung zu tun. Die Vermittlung von Finanzbildung findet im deutschen Bildungssystem eher zufällig statt und muss letztlich in der Familie vermittelt werden. Wenn dort aber kein Finanzwissen vorhanden ist, kann auch keines weitergegeben werden. Schlimmer noch, wenn falsches Wissen, Annahmen, Stereotypen und Emotionen vermittelt werden. Verena von Hugo: Allzu oft wird hierzulande bei der Aktienanlage nur das Risiko gesehen und nicht die Chance.
Das ist eine sehr wichtige Erkenntnis. Denn es wird kein Mindset durch den Unterricht geformt, es geht tatsächlich um die Verbesserung der Allgemeinbildung. Politische Einstellungen zum Thema Wirtschaft oder Ideologien spielen keine Rolle. Es zeigt sich, dass Finanzbildung als Teil der Allgemeinbildung gelingen kann… Von Hugo: Ja, aber das braucht Zeit. Heute verlassen in Deutschland noch immer zu viele junge Menschen die Schule, ohne zum Beispiel jemals von den drei Säulen der Vorsorge gehört zu haben. Ohne Grundlagenwissen haben sie einen deutlich verengten Handlungsrahmen, zum Beispiel wenn sie ihren ersten Job antreten und es um die betriebliche Vorsorge geht. Ein anderer wichtiger Aspekt ist das Verständnis der ökonomischen Zusammenhänge, also wie spielen die Akteure zusammen, welche Rolle haben Staat und Unternehmen und welche Rolle hat das Individuum als privater Haushalt? Wenn wir allein diesen Baustein flächendeckend verankern könnten, wären Schülerinnen und Schüler beim Abschluss besser für ein selbstbestimmtes Leben vorbereitet.
In der Corona-Pandemie haben viele Jugendliche die Börse entdeckt - und kräftig über Online-Banken oder Handy-Apps von Neobrokern in Aktien investiert. Ob dieser Trend dauerhaft ist, wird sich nach dem nächsten Börsen-Crash zeigen.