Das Gedicht An die Nachgeborenen von Bertolt Brecht ist einer der wichtigsten Texte der deutschen Exilliteratur. Es gehört zum Zyklus der Svendborger Gedichte. An die Nachgeborenen entstand zwischen 1934 und 1938. Das Gedicht ist das einzige aus Brechts Werk, zu dem eine Lesung durch den Autor selbst überliefert ist. [1] Es wurde am 15. Juni 1939 in Die neue Weltbühne, Paris veröffentlicht. Der mittlere Satz der gleichnamigen Kantate des österreichischen Komponisten Gottfried von Einem ist die Vertonung von Brechts Gedicht. Der zweite und dritte Abschnitt wurde von Hanns Eisler vertont. Inhalt [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Es handelt sich um ein politisches Gedicht, in dem der Autor seine Verortung als Exildichter bestimmt und sich sowohl zu den gegenwärtigen Verhältnissen (den "finsteren Zeiten" des Nationalsozialismus) als auch zu Vergangenheit und Zukunft (der eigentlichen Botschaft "an die Nachgeborenen") äußert. Das Gedicht ist in drei große Abschnitte, mit römischen Zahlen nummeriert, eingeteilt.
Hierfür soll das Gedicht analytisch betrachtet werden. Als Ausgangspunkte für die Untersuchung dienen die Texte von Ingvild Folkvord "Bertolt Brechts An die Nachgeborenen – kulturelle Erinnerungsarbeit in Kontaktzonen" und die beiden Bücher "Kollektive Traumata" und "Traumata und Kollektives Gedächtnis" von Angela Kühner. Brechts Gedicht "An die Nachgeborenen" soll im folgenden auf zwei Arten als kultureller Erinnerungsort betrachtet werden. Es soll gezeigt werden, wie auch ein literarisches Werk als kultureller Erinnerungsort interpretiert werden kann. Hierbei soll zuerst die "Theorie" des Kristallisationspunktes nach François und Schulze mit Brechts Gedicht in Verbindung gesetzt werden. Im darauffolgenden Kapitel wird dann ein genauerer Blick darauf geworfen, wie Brecht selber sein Gedicht als kulturellen Erinnerungsort inszeniert hat. 2. 1 "An die Nachgeborenen" als Kristallisationspunkt nach François und Schulze: François und Schulze sprechen in ihrer Einleitung zu dem Buch "Deutsche Erinnerungsorte" von "langlebige[n] Generationen überdauernde[n] Kristallisationspunkte[n] kollektiver Erinnerung und Identität, die in gesellschaftliche, kullturelle und politische Üblichkeiten eingebunden sind und die sich in dem Maße verändern, in dem sich die Weise ihrer Wahrnehmung, Aneignung, Anwendung und Übertragung verändert. "
Die Kräfte waren gering. Das Ziel Lag in großer Ferne Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich Kaum zu erreichen. III Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut In der wir untergegangen sind Gedenkt Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht Auch der finsteren Zeit Der ihr entronnen seid. Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung. Dabei wissen wir ja: Auch der Haß gegen die Niedrigkeit Verzerrt die Züge. Auch der Zorn über das Unrecht Macht die Stimme heiser. Ach, wir Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit Konnten selber nicht freundlich sein. Ihr aber, wenn es soweit sein wird Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist Gedenkt unsrer Mit Nachsicht. —– Truly, I live in dark times! The harmless word is foolish. An unfurrowed brow Points to apathy. He who laughs Has not yet heard The terrible news. What times are these, in which A talk about trees is all but a crime For it implies we say nothing about so many others.
Aufnahme 2011 I Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten! Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn Deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende Hat die furchtbare Nachricht Nur noch nicht empfangen. Was sind das für Zeiten, wo Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist. Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt! Der dort ruhig über die Straße geht Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde Die in Not sind? Es ist wahr: ich verdiene noch meinen Unterhalt Aber glaubt mir: das ist nur ein Zufall. Nichts Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen. Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren. ) Man sagt mir: iss und trink du! Sei froh, dass du hast! Aber wie kann ich essen und trinken, wenn Ich dem Hungernden entreiße, was ich esse, und Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt? Und doch esse und trinke ich. Ich wäre gerne auch weise. In den alten Büchern steht, was weise ist: Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit Ohne Furcht verbringen.
Er hat noch ein Einkommen, er hungert nicht. Doch er empfindet das nicht als eine Leistung von ihm selbst, sondern bezeichnet es als Zufall oder Glück, dass er nicht leiden muss. Ein kleiner Schritt trennt ihn vom Unglück. "Iss und trink du", heisst es in der vierten Strophe. Es tönt wie ein Befehl. Er soll dankbar dafür sein, dass er nicht leidet. Selbst aber nimmt er wahr, dass gleichzeitig andere hungern oder dürsten. Das macht, dass er ein schlechtes Gewissen bekommt, dass es ihm noch gut geht. Trotzdem isst und trinkt er im Wissen, dass sein Leben eigentlich inkonsequent ist. Nach Weisheit sehnt er sich in der fünften Strophe. Er wünschte sich, ein besserer Mensch zu sein. Anleitungen dafür hätte er in den alten Philosophien eigentlich genug. Sich aus dem Streit der Welt halten wie der Stoiker, ohne Gewalt auskommen und Böses mit Gutem vergelten wie die Lehre der Bergpredigt oder die Wünsche nicht erfüllen, sie vergessen, wie es der Buddhist lernt. Er kennt sie, die Weisheitslehren, doch er kann nicht danach leben, weil die Zeiten so schwierig sind.
So wurde auch Würzburg, ähnlich wie Dresden – wie der "Spiegel" schreibt – zum Symbol der "sinnlosen Vernichtung, an dem sich die ganze Grausamkeit des Luftterrors festmacht. " Die in der Altstadt eng aneinander gebauten Häuser, häufig mit Holz und Lehm konstruierte Fachwerkbauten, entzündeten sich rasend schnell, was von den Briten auch so intendiert war. Ich erinnere mich an eine Erzählung meiner Großmutter, die wenige Tage zuvor mit ihren drei kleinen Kindern aus der Stadt nach Großeibstadt, einem kleinen, etwa 70 Kilometer von der Stadt entfernten Ort im Grabfeld zu ihrer Familie geflohen war. Sie saß an jenem Abend am Fenster, stillte ihren Ende Februar geborenen Sohn und sah den Himmel über der Stadt blutrot gefärbt. Das Feuer hatte einen orkanartigen Feuersturm über der Stadt entfaltet, der bis ins Grabfeld sichtbar war. Und noch heute bewegt es mich, wenn ich daran denke, wie mir meine Großmutter von jenem Augenblick erzählte: ich sehe sie als junge Frau vor mir, deren Mann seit Monaten vermisst ist, das Kind stillend, wie die Tränen auf ihren Sohn an ihrer Burst tropfen.