Er entzog das Bargeld der Zirkulation, doch statt es als abgeschlossenes Kunstwerk zu kapitalisieren, überführte er es anschließend wieder zurück. Überall blitzt bei Feldmann der Witz Marcel Duchamps durch, nicht nur, wenn er Postkarten in einem Koffer präsentiert, wie es Duchamp mit Reproduktionen seiner Werke in La Boîte-en-valise tat. Feldmann denkt die Problematik von Original und Abbild, von Präsenz und Abwesenheit in der Sprache der im Nachkriegsdeutschland noch neu wirkenden Massenmedien weiter. Glotzt nicht so romantisch te. Und richtig radikal wird er da, wo er in die ökonomische Zirkulation von Gegenständen und Zeichen eingreift. Von Beginn an lehnte er es ab, seine Werke zu signieren oder zu limitieren. Ist eine Edition aufgebraucht, fertigt er einfach neue Fotoschachteln an. Damit bewahrt er den egalitären Charakter der Serie, der darauf beruht, dass sie sich prinzipiell ewig fortsetzen lässt. Immer stellt er stellt in Frage, was Kunst und Künstlersein bedeutet. Nicht mit ikonoklastischem Furor, sondern mit größter Freundlichkeit und Zurückhaltung.
Die zwölf Jahren seiner Flucht vor den Nationalsozialisten, die ihn weiter über Schweden, Leningrad, Moskau, Wladiwostok bis ins kalifornische Hollywood und später nach Santa Monica führte, waren trotz der existenziellen Bedrohung die literarisch produktivste Periode seines Lebens. Im Exil entstanden neben Lyrik u. a. Glotzt nicht so romantisch su. die Stücke "Das Leben des Galilei", "Der gute Mensch von Sezuan", "Mutter Courage und ihre Kinder", "Herr Puntila und sein Knecht Matti" und "Der kaukasische Kreidekreis". In den USA geriet der Schriftsteller jedoch aufgrund seiner ideologischen Ausrichtung ins Visier. Bereits 1943 wurde Brecht vom FBI observiert, 1947 musste er vor dem Mac Carthy Ausschuss für un-amerikanische Aktivitäten über seine politische Vergangenheit, seine politischen Kontakte und Gedanken Rechenschaft ablegen. Am Tag nach der Vernehmung verließ er Amerika in Richtung Paris. Nachdem die alliierten Behörden Brecht dem von den Nazis ausgebürgerten Schriftsteller die Einreise nach Westdeutschland verweigert hatten, fand die Familie zunächst in Zürich Zuflucht.
Der Bildaufbau, der eine elementare Spannung schafft, ist streng komponiert: die Kamera ist an fixer Stelle postiert, rechts die Alten in einer Reihe, links die Frauen und Kreon. Die Kamera wird hoch und herunter gefahren, verschiedene Brennweiten benutzt: Nahaufnahme, Halbnahe, Halbtotale. Geht einer der Schauspieler ab, folgt ihm die Kamera nicht, sondern bleibt an Ort und Stelle. Sie schwenkt nicht, sie verharrt bei den Personen, in langen ruhigen Einstellungen. Aus der theatralischen Versuchsanordnung ist kein Entkommen. Das epische Theater - Glotzt nicht so romantisch! - radioWissen | BR Podcast. Der Unterschied zwischen den professionellen Schauspielern und den Laien ist hörbar; überspielt werden darf er nicht. Zwar nehmen sich Werner Rehm als Kreon, Albert Hetterle als Teresias oder auch Libgart Schwarz als Botin sehr zurück, dennoch ist ihre Art, die Worte und Zäsuren zu setzen, auch gegen den Strich gelesen, sehr viel kunstvoller. Und der Kunstgenuß? Darf es den geben? Es gehe darum, überhaupt wieder richtig hinsehen und richtig hinhören zu lernen, sagen die Liebhaber der Straub/Huillet- Filme.
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3 Im Folgenden wird zunächst eine Definition des epischen Theaters angeführt, um die wichtigsten Elemente zu kennzeichnen. Die Entstehungsgeschichte dieser Gattung schließt sich an, bevor deren Merkmale erläutert und am Beispiel von Brechts "Mutter Courage und ihre Kinder" veranschaulicht werden. Den Schluss bildet ein Fazit. Das epische Theater (gr. épos: erzählende Dichtung) ist ein Konzept Bertolt Brechts, in dem er die Behandlung gesellschaftlicher Fragen bezweckt. 4 Entscheidendes Kriterium des epi- schen Theaters ist sein Realismus, 5 weil es den Zeitbezug und die gesellschaftliche Relevanz betont. 6 Das epische Theater will den Zuschauer aktivieren und zu politischen Entscheidun- gen drängen. Nicht primär die Einfühlung des Zuschauers wird angestrebt, sondern dessen Auseinandersetzung mit dem Geschehen und die Eröffnung von Handlungsmöglichkeiten. „Glotzt nicht so romantisch“ – Bertolt Brechts episches Theater. Um die Einfühlung des Zuschauers in das Bühnengeschehen zu verhindern, wird der Verfremdungseffekt (V-Effekt) eingesetzt. Mit dieser zentralen Kategorie appelliert das epische Theater an den Verstand des Zuschauers 7 und möchte zu einem umfassenden Lernprozess beitragen.
Das ist natürlich eines seiner wohlgesetzten Understatements, weist aber auf den Kern von Feldmanns Schaffen: Im Prinzip handelt es von Blicken, von den Wirkprinzipien menschlicher Aufmerksamkeit. Feldmanns Werk schlägt vor, dass prinzipiell alles, das von einem Subjekt als wertvoll betrachtet wird, auch die Aufmerksamkeit anderer verdient. Und dieser Vorschlag kann nirgends so plausibel gelingen wie im Museumsraum, in dem die Dinge der Zirkulation entzogen sind, als Selbstbekenntnisse einer Gesellschaft an die Zukunft. Indem Feldmann banale Gegenstände in den Kunstrahmen überführt, hinterfragt er dessen Routinen von Klassifizierung und Hierarchisierung und legt Grundmuster von Sinnkonstruktion offen. In seinen Strategien des Wegkürzens vermeidet er nicht nur semantische Aufladungen durch Titel und Kommentierung, er nennt auch seine Ausstellungen meist schlicht "Kunstausstellung". Glotzt nicht so romantisch na. Und als er 2010 den Hugo Boss Prize zugesprochen bekam, verblüffte er die amerikanische Kunstöffentlichkeit, indem er in der Preisträgerausstellung im New Yorker Guggenheim exakt die 100 000 Dollar Preisgeld in Ein-Dollar-Noten an die Wand pinnte, womit er sich weitestmöglich vom traditionellen Konzept von Autorschaft distanzierte.
Zur selben Zeit wie in Los Angeles Ed Ruscha unternimmt Feldmann Typologien des Trivialen, etwa wenn er alle 70 Kleidungsstücke aus der Garderobe einer Frau fotografiert. Für seine Zeit-Serien knipste Feldmann 36 Fotos eines Frachtschiffs, das sich den Rhein hinab bewegt, 36 Fotos eines Zeitungslesers oder 36 Fotos einer Frau in einer Telefonzelle. George Grosz Lithographien – „Glotzt nicht so romantisch!“ | SpringerLink. Im schlichten Vollknipsen des Fotofilms lassen Feldmanns Serien den Betrachter das reine Verstreichen von Zeit nachvollziehen, wie wenn in Andy Warhols "Screen Tests" die 8-mm-Filmspule bis zum Ende durchläuft. Daran anschließend zeigte 2001 das Buch "100 Jahre" Porträts von 101 Personen aus Feldmanns Verwandten- und Bekanntenkreis, sortiert nach Alter, vom Neugeborenen bis zur Greisin. Die suggestive Einreihung der unterschiedlichen Menschen in einen gemeinsamen Lebenslauf wirkt wie eine Explosionszeichnung. Still abwartend blickt einen Lebensjahr auf Lebensjahr an und macht die eigene Position im Vorlaufen zum Tode bewusst. "Wenn ich überhaupt etwas richtig kann, dann ist das schauen", hat Feldmann einmal gesagt.