Dann erst können wir jene, die es nicht sind, einladen, uns zu folgen. Dann wissen wir, was es bedeutet, katholisch zu sein. Dann können wir Zeugnis geben und können für das wichtige Ziel der Einheit der Christen beten. Dann wissen wir: Die Einheit ist erst dann erreicht, wenn wir alle zu dieser Mitte hingeführt haben, wenn alle durch diese drei Bande der einen wahren Kirche mit Christus verbunden sind und wenn alle den einen sicheren Heilsweg gehen, den die Kirche uns zeigt und den Christus all denen verheißen hat, die sich wahrhaft katholisch nennen und es sind! Amen. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Der Blick von Christen darf folglich nicht zur Nabelschau mutieren, auf dass sie sich in Selbstbezogenheit verstricken, sondern hat Gott und die anderen im Gesichtsfeld. Christen sind daher immer auch missionarisch, weil die Liebe Gottes sie drängt: caritas urget nos! Beistand und Kapital ist uns im Hebräerbrief zugesagt: Gottes Wort und Jesus, Gottes Sohn, der selbst Mensch wurde, der die Perspektive der Menschen einnahm, mit menschlichen Augen sah, mit ihnen mitfühlte und Zeugnis von Gottes Reich gab. Die Einheit unter den Christen suchen Dass die Trennung der Christen ein Hemmschuh für die Glaubwürdigkeit des Evangeliums ist, daran gibt es keinen Zweifel. Doch in naher Zukunft geht es in heutiger Gesellschaft nicht so sehr um konfessionelle Diskurse, sondern um die Diskussion über den Wert des Christentums an sich. Es ist daher ratsam für alle Christen, den Hemmschuh auszuziehen, Sieben-Meilen-Stiefel überzustreifen und sich aufeinander zuzubewegen. Denn nur gemeinsam und mit vereinten Kräften hat europäische Kultur eine Chance, sich christlich zu nennen.
Wie kann die Einheit der Christen gelingen, für die Jesus in Johannes 17 betet? Entscheidend sind nicht Fragen des Stils, sondern Jesus Christus. Wenn wir das Einssein mit Gott fördern, wächst auch die Einheit miteinander. Ich finde Toleranz anstrengend. Ich meine jetzt nicht die gesellschaftlich lauthals geforderte Toleranz allem und jedem gegenüber, die gleichbedeutend ist mit Gleichgültigkeit. Sondern echte, sich abgerungene Zustimmung zu einer Praxis, die mir nicht nur vollkommen fremd ist, sondern oft auch theologisch nicht einleuchtet. Wie kann das funktionieren? Wie können wir «eins sein», wenn die Unterschiede so gross und scheinbar unüberbrückbar sind? Das ist die ganz grosse Frage, wenn es um Einheit geht. Johannes berichtet im 17. Kapitel, wie Jesus für die Einheit derer betet, die an ihn glauben: «Doch nicht nur für diese hier [die Jünger] bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben: dass sie alle eins seien, so wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, damit auch sie in uns seien, und so die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.
Wir knnen es uns nicht leisten, uns etwa am Misserfolg der anderen zu freuen. Wenn es in einer Kirche Schwierigkeiten gibt, ist das nie gut fr die andere Kirche. Wenn die rmisch-katholische Schwesterkirche so viele Mitglieder verliert (wir haben in dieser Woche die dramatischen Zahlen gehrt), dann knnen wir es uns nicht leisten, das als erfreulichen Misserfolg eines Konkurrenten zu sehen. Denn wenn einer von uns kumenischen Geschwistern leidet (oder Menschen verliert), dann leiden und verlieren auch wir. Denn wir gehren gemeinsam zur Kirche Jesu Christi. Wir knnen es uns nicht leisten, unseren Geschwistern Misserfolg zu gnnen. Es liegt in unserem ureigenen Interesse, wenn es Bruder und Schwester gut geht. Wir haben diese Haltung bitter ntig. Wir mssen endlich aufhren zu denken, der andere sei eine Bedrohung. Wir mssen endlich aufhren zu glauben, wir htten etwas vom Unglck des anderen. Wir sind Geschwister: Wir haben etwas miteinander zu tun. Wir kommen uns nicht aus. Darum ist fr uns selbst wichtig, wenn es Bruder und Schwester gut geht.
Harte Worte sind dabei: Wer Zorn hat auf Geschwister oder schlecht redet, ist genauso schuldig wie ein Verbrecher. Ein hartes Urteil und eine harte Anfrage an uns, wie es mit unserem Zorn und unseren Worten ber den kumenischen Bruder, die kumenische Schwester aussieht. Wirklich hngen geblieben bin ich aber an 2 Versen: Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfllt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und vershne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe. Ich finde diesen Gedanken bemerkenswert, denn er verndert die Perspektive: Friede zwischen Geschwistern ist kein Gefallen, den ich Bruder oder Schwester tue (also anderen). Sondern es wird klar: Dieser Friede ist etwas, das fr mich selbst entscheidend wichtig ist. Weil ich Bruder und Schwester nicht aus kann weil wir verwandt sind , darum ist es in meinem Interesse, wenn es gut luft mit Bruder und Schwester. Das zeigt Jesus am Beispiel des Gottesdienstes.
Die Vielen, die der eine Leib sind. Seid, was ihr seht, und empfangt, was ihr seid! " (Sermo 272) In seiner Enzyklika "Mystici corporis" (über den mystischen Leib Christi) betonte Papst Pius XII. deutlich, dass sich die Kirche als ein Leib, als der Leib Christi versteht. Und auch das Zweite Vatikanische Konzil spricht davon ausführlich. Die Kirche, ist nicht nur ein Verein. Die gläubigen Christen bilden einen Leib. Dieser Leib ist eine Einheit. Und jeder Christ ist ein Glied an ihm (vgl. 1 Kor 12, 27). Mit unserer Einheit stellen wir Christen in der Welt Christus dar. Wie glaubwürdig und anziehend dann Uneinheit, Streit und Spaltung sind, liegt auf der Hand. So, wie wir Christen miteinander umgehen, zeigen wir den Menschen Christus. Und wenn wir nicht zusammenstehen, wenn wir Spaltungen und Trennungen nach Vorlieben, Familien, Geschmäckern, Pfarreien und Dörfern unter denen man gegeneinander redet und arbeitet pflegen, dann zerteilen wir Christus. Jeder einzelne Christ, jeder der zu unserer Christengemeinschaft gehört, trägt Verantwortung für unsere Einheit, kann sie befördern oder zerstören.