Liebe Hausgemeinde! Warum ich meine Kirche liebe? Weil sie ein Haus mit vielen Wohnungen ist, durch das immerzu ein frischer Heiliger Geist weht. Wie eine gute französische Concierge weiß er über fast alles Bescheid, ist da, wenn man ihn braucht, hält sich aber sonst freundlich zurück und respektiert die Freiheit der Mitbewohnerinnen und -bewohner. Ständig ist er unterwegs, um die Türen zum Haus und zwischen den Wohnungen offen zu halten und Verbindungen zwischen den Menschen zu knüpfen. I Gerade in diesen Corona-Zeiten kennen wir die anderen Geschichten: Tür zu, jeder und jede für sich. Die Abgrenzungen nehmen zu. Nicht nur wegen des Virus, sondern weil die Anspannung steigt und die Unsicherheit wächst. Die Briefe und Mails, die ich bekomme, werden polemischer, härter. Wer zu mir kommt den werde ich nicht hinausstoßen online. Wer anderer Meinung, wer anders ist, gehört nicht dazu, soll draußen bleiben. Dagegen setzt die Jahreslosung ein doppeltes Zeichen. "Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen, nicht hinausstoßen. " Jesus hält die Tür offen und respektiert zugleich meine Freiheit, draußen zu bleiben.
An die fünfzig Vorschläge werden diskutiert und beraten, bis endlich per Wahl eine Entscheidung fällt. Menschen suchen ein Wort Gottes aus, von dem sie meinen: Dieses Wort ist jetzt dran. Man kann das kritisch sehen: Wird Gottes Wort hier benutzt? Zugleich: Ist es nicht mit jedem biblischen Leitwort so, das wir sorgsam auswählen: Für Kirchentage etwa – oder an den markanten Zäsuren und Übergängen unseres persönlichen Lebens? Zur Taufe, zur Konfirmation, zur Trauung? Wir wählen ein biblisches Wort als Begleiter, weil wir darauf hoffen: Es hat seine eigene Stimme, seine eigene wundersame Kraft, die uns zum Leben hilft. Es mischt sich ein in den aktuellen Jammer der Welt und in die Erfahrungen meines eigenen kleinen Lebens. Steht immer wieder auch heilsam quer zur allgemeinen Stimmungslage. Stört mich selbst in dem, was ich immer schon dachte und zu wissen meinte. "Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen", sagt Christus. Diese Übersetzung verwischt, was er eigentlich sagt: "Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen. Wer zu mir kommt den werde ich nicht hinausstoßen en. "