E s war wie immer spannend bis – fast – zuletzt. Genau so soll es sein beim Eurovision Song Contest (ESC), deswegen wurde die Vergabe der Punkte immer wieder angepasst und verfeinert. Was zunächst wie ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Vereinigten Königreich und Schweden aussah, wurde schließlich ein so überlegener Sieg des seit Wochen haushohen Favoriten, dass die Konkurrenten nur demütig applaudieren und gratulieren konnten. Die Jurys hatten noch das Vereinigte Königreich vorne gesehen, mit 283 Punkten, gefolgt von Schweden (258) und Spanien (231). Pin auf Gartendusche. Die Ukraine lag nur auf Platz vier, die Band Kalush Orchestra hatte 91 Punkten weniger als der Brite Sam Ryder. Dann aber wurden die Zuschauer-Punkte nach und nach dazu addiert – angefangen mit dem Land auf dem letzten, dem 25. Platz. Dazu aber später. Es war weit nach Mitternacht, als die Zuschauerpunkte endlich für Kalush Orchestra bekannt gegeben wurden: 439. Zusammen waren das unglaubliche 631 Punkte. Nur der Portugiese Salvador Sobral kam 2017 auf noch mehr Punkte: 758.
Der Student Nick, die schweigsame 91-jährige Lucie und der alternde Schriftsteller Gerd befinden sich an schwierigen Stationen ihres Lebens. Als sie sich begegnen, gerät für jeden etwas in Bewegung. Die Grenzen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verschwimmen. ESC-Finale: Ukraine gewinnt und Deutschland wird Letzter. Die sehr unterschiedlichen Menschen haben eine Wirkung aufeinander, die die Perspektiven verschiebt und ihre persönlichen Wege in neue Richtungen lenkt. – Eine berührende Geschichte über das Leben, die Liebe und den überraschenden Zauber unerwarteter Situationen.
Gut, dass er seine Ein-Zimmer-Bude nie ganz aufgegeben hatte, hauptsächlich weil bei Isa keine Lücke für seine Sachen war. In ihrer Wohnung hatte er oft das Gefühl, er müsste schon morgens durch eine Schicht Worte waten wie durch frisch gefallenen Schnee. Anfangs hatte sie ihn bezaubert mit ihren genauen Beschreibungen, mit den Geschichten, die sie über alles und jeden erzählte, mit der Art, wie sie alle Satzzeichen durch ein fröhlich daherhüpfendes Lachen ersetzte. Und mit ihrer Unternehmungslust. Jeden Abend verführte sie ihn, irgendwohin zu gehen, wo etwas los war, wo Menschen und Gespräche und Bewegung den Raum füllten. Es war gut für ihn. Das Leben war lebendig, aufregend und bunt mit Isa. Doch nachdem er seine Ausbildung zum Pfleger abgeschlossen und einige Monate in der Klinik gearbeitet hatte, wurde ihm klar, dass ihm das nicht genügte. Die Nacht ist ein Klavier by Patricia Koelle - Ebook | Scribd. Er wollte mehr wissen. Er wagte ein Medizinstudium. Isa sah das gern, gab reichlich damit an. Aber das Studium wurde stetig aufwändiger, sog die Kraft und die Zeit aus Nicks Tagen.
Das Licht einer Straßenlaterne fiel durch einen Spalt und lenkte seine Aufmerksamkeit auf ein verlorenes Taschentuch, das wie ein kleines Gespenst am Knauf einer Schranktür hing. Er pflückte es, faltete den dünnen Stoff säuberlich zusammen. Nick wollte die Tassen in die Küche bringen und dann Schwester Bärbel im Büro nach Anweisungen fragen, als er ein Geräusch hörte. Ein leises Schnauben, ein Atmen. Oder nur Einbildung? Er lauschte. Da war was. Von irgendwo unten her. Die grelle Deckenlampe, deren Licht er vorhin verschmäht hatte, schaltete er nun doch ein. Das Klavier räusperte sich. Behutsam näherte sich Nick, nahm eine Bewegung wahr. Vorsichtig schob er den Klavierhocker beiseite. Aus dunklen, glänzenden Augen traf ein erstaunter Blick den seinen. Eine kleine, zierliche Frau, eingehüllt in einen langen Schal aus himmelblauem Plüsch, kauerte unter der Tastatur, zwischen die Pedale und das rechte Klavierbein gedrückt. Nick dachte an ein Eichhörnchen, das sich gegen den Winterwind stemmt.
© Patricia Koelle "Geschlossen. " Nick hockte im Nieselregen an einem der klebrigen Tische vor seinem Stammlokal und starrte auf das Schild an der Tür. Wie wunderbar klar man etwas mit einem einzigen Wort sagen konnte! Isa hatte sehr viel mehr Wörter benutzt um ihn in die Wüste zu schicken. Die Wüste, in die er ihrer Meinung nach ihr Leben verwandelt hatte. Sie hatte vierundfünfzig Minuten lang geredet. Er fragte sich, wie viele Wörter wohl vierundfünfzig Minuten füllten. Ein schlichtes "Geh! " hätte es auch getan und zu demselben Ergebnis geführt: dass er seine Zahnbürste, seine Wäsche und seine Bücher einpackte, Isa den Schlüssel zurückgab, den sie ihm vor zwei Jahren an den Weihnachtsbaum gehängt hatte, und ihr mit einer verlegenen Umarmung Glück und einen Mann wünschte, der ohne Schlaf auskam. Zum Glück hatte er seine Ein-Zimmer-Bude nie ganz aufgegeben, hauptsächlich weil bei Isa keine Lücke für seine Sachen war. In ihrer Wohnung hatte er oft das Gefühl, er müsste schon morgens durch eine Schicht Worte waten wie durch frisch gefallenen Schnee.