BUH - Prozessbericht über die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO Reisegewerbe, Minderhandwerk, Freie Tätigkeiten, Unerheblicher handwerklicher Nebenbetrieb, Handwerksähnliche Gewerbe, Zulassungsfreie Gewerbe, Ausnahmebewilligungen, Altgesellenregelung, Meisterprüfung, Probleme mit Behörden? Kein Piepser von der Handwerkskammer Rechtsanwalt Walter Ratzke (Nabburg) beschreibt eine Gerichtsverhandlung, die er als typisch für Handwerksverfahren bezeichnen würde. Vorhang auf! Vorspiel Zwei Brüder, jeder hat eine eigene Firma und arbeitet bei Bedarf mit Hilfskräften in der "Altbausanierung" mit allen anfallenden Tätigkeiten. Deswegen gab es zwei Hausdurchsuchungen und für jeden einen Bußgeldbescheid. Daraufhin habe ich beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage erhoben und zum einen die Ausnahmegenehmigung nach § 8 HwO eingeklagt, aber auch die Feststellungsklage mit erhoben, wonach jeder der Beiden die von ihm ausgeübten Tätigkeiten, da Minderhandwerk, auch ohne Eintragung in die Handwerksrolle usw. ausüben kann.
Handwerksrolle Eintragung durch Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO Für den selbständigen Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks der Anlage A zur Handwerksordnung (HwO) als stehendes Gewerbe ist eine Eintragung in die Handwerksrolle erforderlich. Wenn die Antragstellerin/der Antragsteller oder die Betriebsleiterin/der Betriebsleiter keine Meisterprüfung abgelegt hat, jedoch über Kenntnisse und Fertigkeiten eines Meisters verfügt, dann kann unter Umständen eine Eintragung in die Handwerksrolle über eine Ausnahmebewilligung nach § 8 Handwerksordnung (HwO) erreicht werden. Daneben könnte eine Ausübungsberechtigung nach § 7b HwO in Betracht kommen. Die zuständige Stelle kann die Ausnahmebewilligung unter Auflagen, Bedingungen oder befristet und auf einen wesentlichen Teil begrenzt erteilen. Weitere Informationen: Handwerksrolle: Erteilung - Ausnahmebewilligung nach § 9 Abs. 1 HwO Anlage A Verzeichnis der Gewerbe, die als zulassungspflichtige Handwerke betrieben werden können (§ 1 Abs. 2) § 8 Handwerksordnung (HwO) EU/EWR-Handwerk-Verordnung (EU-EWR HwV) § 7b Handwerksordnung (HwO) Die Zuständigkeit liegt bei der Handwerkskammer, in deren Bezirk die (zukünftige) Betriebsstätte liegt.
1. Akt Dann die Verhandlung beim Verwaltungsgericht Augsburg. Die vorsitzende Richterin eröffnet die Verhandlung damit, dass die Verfahren praktisch keine Aussicht auf Erfolg hätten. Ich widerspreche. Die vorsitzende Richterin: Sie haben mit den Belegen ja nicht einmal nachgewiesen, wann Sie diese Arbeiten ausgeführt haben wollen. Ratzke: Wenn wir gewusst hätten, dass das Erbringen einer Leistung im Jahr 2002 nicht reicht, wohl aber eine solche, die im Jahre 2001 erbracht wurde, um den Nachweis nach § 8 HwO zu erbringen, dann hätten wir natürlich die Daten dazu geschrieben; der richterliche Hinweis dazu fehlte. Wie ist das denn mit der Meisterprüfung, eine die im Jahr 2001 gemacht wurde, ist gültig, eine aus dem Jahre 2002 nicht? Andere Richterin: Wenn Sie legal arbeiten würden, gäbe es nicht so viel Schwarzarbeit. Vorsitzende Richterin und Handwerkskammer: Die Bescheinigungen der beiden Architektenbüros sind zu unbestimmt, da weiß man ja gar nicht, was die... gemacht haben. Ratzke: Dann sagen Sie uns bitte, welche Konkretisierung Sie wünschen, dann lassen wir die Bestätigung mit dieser Konkretisierung ergänzen, aber welche Detailierung wollen Sie haben?
(1) 1 In Ausnahmefällen ist eine Bewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle (Ausnahmebewilligung) zu erteilen, wenn die zur selbstständigen Ausübung des von dem Antragsteller zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerks notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen sind; dabei sind auch seine bisherigen beruflichen Erfahrungen und Tätigkeiten zu berücksichtigen. 2 Ein Ausnahmefall liegt vor, wenn die Ablegung einer Meisterprüfung zum Zeitpunkt der Antragstellung oder danach für ihn eine unzumutbare Belastung bedeuten würde. 3 Ein Ausnahmefall liegt auch dann vor, wenn der Antragsteller eine Prüfung auf Grund einer nach § 42 dieses Gesetzes oder § 53 des Berufsbildungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung bestanden hat. (2) Die Ausnahmebewilligung kann unter Auflagen oder Bedingungen oder befristet erteilt und auf einen wesentlichen Teil der Tätigkeiten beschränkt werden, die zu einem in der Anlage A zu diesem Gesetz aufgeführten Gewerbe gehören; in diesem Fall genügt der Nachweis der hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten.
Beispiele hierfür sind etwa: fortgeschrittenes Alter (47 Jahre) Schwere Krankheit oder Behinderung Vorliegen anderer Prüfungen lange Wartezeiten bei Meisterprüfungen Es wird Ihre Gesamtsituation berücksichtigt. Zeit- oder Geldmangel und berufliche Überbeanspruchung sind regelmäßig kein Ausnahmegrund. Ein Ausnahmegrund für eine befristete Ausnahmebewilligung kann zum Beispiel vorliegen bei: längerer Arbeitslosigkeit Gelegenheit zu einer Betriebsübernahme Die Meisterprüfung ist bei einer befristeten Ausnahmebewilligung in einem Zeitraum von in der Regel höchstens 2 Jahren nachzuholen. Die Befristung richtet sich nach den jeweiligen Umständen. Eine verbindliche Zusage zur Ablegung der Meisterprüfung und die Zulassung zur Meisterprüfung sind nachzuweisen. Sachkundenachweis Die Erteilung einer unbefristeten wie auch einer befristeten Ausnahmebewilligung erfordert den Nachweis meisterähnlicher Kenntnisse und Fertigkeiten in dem betreffenden (Teil-)Handwerk sowie ausreichender kaufmännischer und rechtlicher Kenntnisse.