1956 schreibt Dürrenmatt das Stück natürlich vor dem Hintergrund der Nachkriegszeit, man lässt die Vergangenheit hinter sich, bricht auf zu Neuem und erlebt einen Aufschwung, eine Hochkonjunktur (so sollte das Stück ursprünglich im Untertitel heißen: Komödie der Hochkonjunktur). So auch im Stück. Nur das kleine Städtchen Güllen verarmt immer weiter, die Betriebe schließen, alles geht bergab, als läge ein Fluch darauf – und als sich der Besuch der Multimilliardärin Claire Zachanassian ankündigt, wird das Städtchen auch noch von der vergessen geglaubten Vergangenheit eingeholt. Die Zachanassian ist als Klara Wäscher in Güllen aufgewachsen, man hofft, dass sie das Städtchen durch eine Stiftung aus der Armut rettet. Als junges Mädchen von Kaufmann Alfred Ill mit dem gemeinsamen Kind sitzengelassen und vor Gericht verraten, wurde sie zur Hure, und bietet dem Städtchen nun – 45 Jahre später – prompt eine Schenkung an: eine Milliarde, wenn jemand Ill tötet. Interessant ist der Prozess, der jetzt einsetzt, denn darin entrollt sich die geniale Mechanik des Stücks.
Ein Stück Weltliteratur wird zum Musical! DER BESUCH DER ALTEN DAME basierend auf dem Theaterstück von Friedrich Dürrenmatt! Mit den Musicalstars Pia Douwes und Uwe Kröger in den Hauptrollen! Die brandaktuelle Geschichte um Liebe, Rache und Verrat lässt niemanden kalt. Inhalt Die Stadt Güllen bereitet sich auf den Besuch von Claire Zachanassian vor, die als reichste Frau der Welt in ihre Heimatstadt zurückkehrt. An ihr Erscheinen ist die große Hoffnung geknüpft, die marode finanzielle Situation der Stadt zu beenden. Alfred Ill soll an seine ehemalige Beziehung mit Claire anknüpfen und sie davon überzeugen, Güllen großzügig zu unterstützen. Bei einem Empfang für die berühmte Tochter der Stadt stellt sie zwei Milliarden in Aussicht, wenn Alfred stirbt. Das moralische Entsetzen ist groß und das Angebot wird kategorisch abgelehnt. Claire will Gerechtigkeit für das durch Alfred Ill einst erlittene Leid. Nachdem Alfred beim Polizisten, beim Bürgermeister und sogar beim Pfarrer um Schutz und Hilfe gebeten hat, muss er erkennen, dass er allein ist und das Angebot von Claire bereits erste Auswirkungen zeigt.
Dei übrigen Akteure imitieren Vögel und ein Reh, so ähnlich steht das auch im Original. Schneider-Bast hat die Vorlage aufs Skelett reduziert − aber das ist eher eine Stärke der Inszenierung. Denn sie arbeitet präzise den Konflikt heraus. Am Ende sprechen die Güllener Ill schuldig. Ausgerechnet der Rektor (mit Verve: Chrysi Taoussanis), der sich sonst gern auf Platon beruft, hält ein flammendes Plädoyer für »Gerechtigkeit«. Die besteht freilich darin, das Geld anzunehmen und Ill zu töten. Fürs Seelenheil Das inklusive Tonne-Ensembe fügt sich prächtig ins Schauspiel ein. Etwa Daniel Irschik, der als Pfarrer den Gehetzten zunächst zur Flucht drängt, dann aber ebenfalls für dessen Tod stimmt: »Fürs Seelenheil«. Das zutiefst pessimistische Stück wirkt, als sei es mit Blick auf großmundige Populisten von heute wie den Milliardär Trump verfasst worden. Und auf die Mehrheiten, die sie bekommen. Unterm Strich Starke Ensemble-Leistung in einer gelungenen Klassiker-Inszenierung, Regisseurin Marion Schneder-Bast reduziert Dürrenmatts Stück auf die zentralen Momente und arbeitet gerade so die höchst aktuelle Botschaft heraus.