Nun sind nicht alle, die den Satz von den "Siegern …" weiterverbreiten, automatisch Neonazis oder NPD-Sympathisanten. Allerdings müssen sie sich vorhalten lassen, dass sie sich rechtsextreme Behauptungen zu eigen machen. Und noch dazu völlig falsche. Paul Déroulède wurde ab 1882 der führende Revanchist Frankreichs Quelle: Print Collector/Getty Images Denn nicht Sieger schreiben in modernen Gesellschaften die Geschichte, sondern im Gegenteil: Es sind die Verlierer. Das zeigen einige Beispiele. So dominierte ein heftiger Revanchismus die französische Öffentlichkeit nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71. Gerade nicht die Sieger, also Preußen-Deutschland, beherrschten alle Diskurse, sondern das bürgerliche Frankreich und sein Militär. Also die Verlierer. Ein anderes Beispiel – Deutschland nach 1918: Wer dominierte den öffentlichen Diskurs in der Weimarer Republik zum Thema Krieg, Kriegsschuld und Kriegsverbrechen? Die Sieger, also die Entente-Mächte? Gerade nicht. Kurzgeschichte der siege 3. Noch während der Friedensverhandlungen in Versailles (die ohne Deutschland stattfanden) war der alles beherrschende Diskurs in Deutschland derselbe wie seit August 1914: Man sei "schuldlos in den Krieg hineingeschlittert".
Sieben Tage, sieben Nächte 18. 09. 2020, 18:44 Uhr Lesedauer: 3 Min. Der ostdeutsche Mann ist der perfekte Täter. Als Mann sowieso, und wenn er sich selbst als ostdeutsch empfindet und definiert, ist er wahrscheinlich auch etwas älter und meistens weiß. In den »Baseballschlägerjahren«, den 90ern, machte er Jagd auf alles, was nicht war wie er; heute rennt er Pegida hinterher und wählt AfD und klagt derweil in einer der reichsten und besten Welten übers Dasein. Kurzgeschichte der sieger en. Finden Sie das etwas zu grob vereinfacht? Gut - denn der ostdeutsche Mann ist in Wirklichkeit das perfekte Opfer. Verdient weniger als sein Westpendant oder bekommt gleich weniger Rente, muss oft Hunderte Kilometer der Arbeit hinterherpendeln, mit fatalen Folgen für Beziehung oder Ehe, wenn überhaupt noch Frauen am Ort sind. Seine Lebensleistung vor 1989 wird bestenfalls misstrauisch beäugt, auf jeden Fall aber nicht so gewertet wie eine analoge, aber bruchlose Biografie aus, sagen wir, Baden-Württemberg. Und dann rennen manche Pegida hinterher und manche wählen AfD, und alle werden kollektiv dessen verdächtigt und im besten Falle Ziel von Spott.
In den nächsten Jahren werden Prozesse gegen ihn und Honecker, ebenso gegen Krenz, Schabowski und andere aus der interimistischen SED-Führung folgen. Was auffällt, ist das Gnadenlose, mit dem die Götzen von gestern in den Staub getreten werden. Die sich dafür verwenden – besonders in den DDR-Medien –, haben Honecker eben noch als Staatsmann und Antifaschisten gewürdigt, der unter Hitler im Zuchthaus saß. Nun wird ihm nicht nur die Schmach des Versagers, sondern auch die Schande des mutmaßlichen Verbrechers zuteil, der verfolgt gehört. Kurzgeschichte der sieger full. Westdeutsche Politiker aller Lager, die dem "Staats- und Parteichef" der DDR bis zuletzt ihre Aufwartung gemacht und von ergiebigen Gesprächen berichtet haben, setzen beim Thema Honecker eisige Mienen auf. Dabei ist es erst gut zwei Jahre her, dass der Verfemte von Kanzler Kohl in der Bonner Redoute willkommen geheißen und von Franz Josef Strauß in München als kommunistisches Staatsoberhaupt mit dem bayerischen Defiliermarsch geehrt worden ist. Unbarmherzig greift das Gesetz aller Zeiten und Gezeitenwechsel: Wer keinen Staat mehr hat, mit dem ist keiner mehr zu machen.