Ein Buch, das Fragen aufwirft Die Stärke von "Der Junge im gestreiften Pyjama" ist, dass der Text mehr Fragen aufwirft, als er beantwortet. Jede Figur hat mehrere Facetten, selbst der Vater ist nicht nur ein menschenverachtender Kommandant. Jugendbuch-Tipp: John Boyne: „Der Junge im gestreiften Pyjama“ - FOCUS Online. Die Biografien sind nicht vorgezeichnet, so ist Brunos Großmutter – die Mutter des Vaters – entschieden gegen das Regime, in dem ihr Sohn Karriere macht, und auch der unsympathische Großleutnant Kotler hat einen Vater, der aus politischen Gründen emigriert ist. Die Perspektive des neunjährigen Jungen erlaubt einen naiven, unverstellten Blick auf die grausamen Absurditäten, die sich ereignen. So behandelt ein jüdischer Arzt, der für die Familie als Kellner arbeiten muss, eine Wunde, die Bruno bei einem kleinen Unfall erlitten hat. Als die Mutter dazukommt, erklärt sie, ihrem Mann werde sie sagen, dass sie die Verletzung versorgt habe. Bruno empfindet es als große Ungerechtigkeit, dass die Mutter sich mit einen Verdienst schmückt, der jemand anderem zusteht.
Vater und Mutter amüsierten sich offenbar köstlich in der Gesellschaft der Soldaten, das merkte Bruno. Aber sie luden nie einen von den Leuten in den gestreiften Anzügen ein. Draußen ging Bruno um das Haus herum zur Rückseite und schaute zu seinem Zimmerfenster, das von unten betrachtet gar nicht mehr so hoch wirkte. Vermutlich konnte man herunterspringen, ohne sich sonderlich wehzutun, überlegte er, auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, unter welchen Umständen er so etwas Idiotisches tun sollte. Vielleicht wenn das Haus brennen würde und er drinnen eingeschlossen wäre, aber selbst dann wäre es riskant. Bruno blickte nach rechts. Im Sonnenlicht schien sich der Zaun endlos zu erstrecken, und das freute ihn, denn das hieß, dass er nicht wusste, wohin der Zaun führte und er daran entlanggehen und es herausfinden konnte – genau darum ging es schließlich beim Forschen. Charakterisierung Die Großmutter | Der Junge im gestreiften Pyjama. (Herr Liszt hatte ihm eine gute Sache im Geschichtsunterricht beigebracht: Es gab Männer wie Christopher Columbus und Amerigo Vespucci, Männer mit so abenteuerlichen Geschichten und einem so interessanten Leben, dass Bruno sich in seinem Wunsch, später genauso zu werden wie sie, nur bestätigt fühlte. )
Bevor er jedoch in diese Richtung aufbrach, musste er noch etwas anderes untersuchen, nämlich die Bank. In all den Monaten hatte er sie gesehen, aus der Ferne das Schild betrachtet und sie nur die Bank mit dem Schild genannt, aber was darauf stand, wusste er immer noch nicht. Er blickte nach rechts und links, ob jemand kam, dann rannte er hin und las mit zusammengekniffenen Augen leise die Worte auf dem kleinen Bronzeschild. »Gestiftet anlässlich der Eröffnung des Lagers... « Er zögerte. »... Aus-Wisch «, fuhr er fort und stolperte wie immer über den Namen. »Juni 1940. « Er streckte die Hand aus und berührte es kurz, doch das Metall war sehr kalt, und er zog schnell die Finger weg. Dann holte er tief Luft und trat seine Reise an. Bruno versuchte nicht daran zu denken, wie oft ihm Mutter und Vater gesagt hatten, dass er nicht in diese Richtung gehen, dass er sich weder dem Zaun noch dem Lager nähern dürfe und vor allem, dass jegliches Forschen in Aus-Wisch verboten war. Ausnahmslos. Kapitel zehn Der Punkt, der ein Fleck, dann ein Klacks, dann ein Schemen und schließlich ein Junge Weitere Kostenlose Bücher