Ob neumodische Begriffe wie « Hippiezicke » oder der « Poussierstängel » aus Omas Zeiten: Schimpfwörter faszinieren Ingke Günther. Die Künstlerin hat eine Sammlung mit inzwischen fast 1500 Wörtern. Längst gibt es auch schon eine Schimpfwortforschung: die « Malediktologie ». Wenn Rumgammel-Kids an der Bushaltestelle sich als « Coolarsch » oder « Pimmelkopf » anpöbeln, greift Ingke Günther verzückt zum Notizblock. Seit sieben Jahren sammelt die Gießener Künstlerin Schimpfwörter. 1481 Stück hat sie inzwischen beisammen. Von A wie « Aalfresse » bis Z wie « Zwiebelhirsch ». « Kraftvolle Bilder » als « Kulturgut » Die 42-Jährige stickt jedes einzelne in Rosa oder Rot auf ein Blatt Büttenpapier. In stilisierter Mädchenhandschrift. « Ich mag den Bruch zwischen diesem Niedlichen und dem Derben der Schimpfwörter », sagt Ingke Günther. An den immer aus mindestens zwei Begriffen zusammengesetzten Wörtern schätzt sie « die kraftvollen Bilder » und — ja — Schimpfwörter seien auch « Kulturgut ». Schimpfwort mit j.f. Auch der Duden kommt nicht um die Aufnahme von Schimpfwörtern herum.
Wenn sie das unflätige Vokabular nicht im Alltag ergattert («Ich habe da schon ein besonderes Gehör. »), bekommt sie es per Zusendungen über ihre Homepage, aus dem Freundeskreis oder von ihrem Sohn Jan (22), der ihr jüngst die « Klemmschwester » zutrug. Das ist ein Homosexueller, der sich nicht outet. Ebenso wie der Duden nimmt auch Ingke Günther nicht alles. Zum Beispiel nichts Erfundenes. Erstmal wird etwa bei Google nachrecherchiert. « Ich nehme auch nicht zu viele Dialektschimpfwörter, sie müssen schon allgemeinverständlich sein. » Und sie hat Schimpfwörter aus allerlei Kategorien: Für Berufsgruppen («Beamtenarsch »), aus « Omas Zeiten » («Poussierstängel »), aus der Jugendsprache, mit Tierverwandtschaft («Planschkuh ») und vulgäre. Aber sie achtet auf Ausgewogenheit: « Ich will zum Beispiel nicht 200 Wörter mit Schwanz in meiner Sammlung haben. Schimpfwort mit j van. » Ihr geschmacklosestes Sammlungsstück ist der « Fickfehler » — für ein ungeplantes Kind. Schimpfwörter sind für die bildende Künstlerin, Kulturplanerin und Kunstvermittlerin Ingke Günther längst nicht nur verwerflich: « Schimpfwörter tragen dazu bei, dass man sich emotional entlädt.
Sie sind also wichtig », erklärt die Hessin. « Sie sind ein Kulturgut. » Fundstücke im Zug oder beim Fernsehen Je mehr sie sich mit den Schimpfwörtern befasste, desto mehr interessierte sie sich auch für die Schimpfwortforschung: die Wissenschaft der « Malediktologie ». Sie las nach beim Schweizer Fluchforscher Roland Ris oder bei dem in die USA ausgewanderten Bayern Reinhold Aman, von 1977 bis 2005 Herausgeber der Zeitschrift « Maledicta: The International Journal of Verbal Aggression ». Die kleinen Büttenpapiere bestickt sie dann, wann immer es passt — im Zug oder beim Fernsehen. Beim TV schnappt sie auch häufig neue Fundstücke auf. Ergiebig findet Ingke Günther die Serie « Dr. Sprache - SchimpfwÖrter A bis Z. Von der « Aalfresse » bis zum « Zwiebelhirsch ». House » und Krimis. Ihr Mann Jörg Wagner (42), auch Künstler und meist neben ihr beim Fernsehen, berichtet: « Weil sie gerade am Sticken ist, muss ich plötzlich « Hirntoter » aufs nächste verfügbare Papier kritzeln. »
So etwas ist bei Gott keine sensationelle Entdeckung von Wilson, das wussten wir vorher schon. Beethoven hätte vielleicht nie die Fünfte Symphonie geschrieben, wenn er in dieser Zeit nicht immer wieder Angst vor dem Sterben gefühlt hätte. Aber das steht wohl schon in mancher Beethoven-Biographie. Der Übersetzung mangelt es an Poesie Es ist erhellend, etwas über solche Lebensläufe zu lesen. Melancholie oder vom glück unglücklich zu sein 7. Nur der Gegensatz: dort der emotional verarmte Amerikaner, der ständig Pillen einwirft, hier der arme Poet, der unter seinem Regenschirm begnadete Werke verfasst, der ist doch arg konstruiert. Muss man außerdem wirklich dem traurigen Tankwart, der sowieso nie eine Oper schreiben wird, seine Tabletten vermiesen? Sollte man nicht stattdessen Wilson noch ein paar Schicksalsschläge wünschen, Feuer im Dachstuhl seines geliebten baufälligen alten Hauses, einen Investmentbanker als Schwiegersohn, die Gicht oder wenigstens eine Gürtelrose, damit er auch inspirierte Werke schreiben kann? Und war das Opium von Samuel Taylor Coleridge, der Absinth von Vincent van Gogh oder der Whisky von Ernest Hemingway vielleicht nicht auch nur so eine Art Valium?
Was er verachtet, ist nur das Bedürfnis, ununterbrochen glücklich zu sein. Was er erst recht verachtet, ist, andern dieses Bedürfnis einzureden. Die Buchhandlungen sind voll mit Titeln wie "Die Glückshypothese: Was uns wirklich glücklich macht". Das vorliegende Buch ist das Gegengift zu solcher Einseitigkeit. In der realen Welt gibt es immer beides: Glück und Unbehagen, Mittagshelligkeit und Mitternachtsdunkel, Leben und Tod. Wilson beruft sich zum Beispiel auf Ralph Waldo Emerson, der vom Universum nichts erwartete und sich deshalb mit "der grellen Disharmonie einander widersprechender Tendenzen" abzufinden wusste. Er berichtet von vielen Künstlern, die aus sehr unterschiedlichen Gründen unglücklich waren und trotzdem oder gerade deshalb bedeutende Werke schufen. Das beweist natürlich nichts und soll wohl auch nichts beweisen. Es ist mehr eine Bestandsaufnahme. Große Künstler waren oder sind manchmal depressiv, zeitweilig oder lebenslang. Melancholie oder vom glück unglücklich zu sein film. Eine Liedzeile von Joni Mitchell lautet: "Sometimes I'm happy, sometimes I'm blue. "
Der Literaturwissenschaftler Eric G. Wilson, erfahren wir, verhandelt den Gegensatz zwischen einem vermeintlichen amerikanischen Zwang zum Glücklichsein - dem notfalls mit einer Handvoll Pillen nachgeholfen wird - und einer kreativen Melancholie, in der er eine Vielzahl von Künstlern verortet. Diese Dichotomie findet der Rezensent ziemlich konstruiert und auch Wilsons Schilderungen von Amerikas Suburbia mit ihrer Auflage zum "stereotypen Glücklichsein" erscheinen ihm wenig originell. Melancholie oder Vom Glück, unglücklich zu sein als Taschenbuch - Portofrei bei bücher.de. Immerhin attestiert Horst dem Autor eine "wunderbare fließende Prosa", die allerdings nur im englischen Original richtig zur Geltung komme. Einen freundlichen Gruß sendet der Rezensent überdies an die Marketingabteilung des Verlags, mit dem Hinweis, die vermarkteten Bücher doch auch mal zu lesen - der Untertitel, so Horst, sei nämlich komplett falsch gewählt, da keineswegs nur von fröhlichen Amerikanern und melancholischen Europäern die Rede sei. Es sei denn, man möchte Abraham Lincoln oder Bruce Springsteen ihre amerikanische Staatsbürgerschaft absprechen.
: 43997182 Sillem, PeterPeter Sillem, geb. 1967, ist Lektor und Programmgeschäftsführer im Frankfurter S. Melancholie oder Vom Glück unglücklich zu sein. Ein Lesebuch von Peter Sillem. Fischer Verlag. Es gelten unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Impressum ist ein Shop der GmbH & Co. KG Bürgermeister-Wegele-Str. 12, 86167 Augsburg Amtsgericht Augsburg HRA 13309 Persönlich haftender Gesellschafter: Verwaltungs GmbH Amtsgericht Augsburg HRB 16890 Vertretungsberechtigte: Günter Hilger, Geschäftsführer Clemens Todd, Geschäftsführer Sitz der Gesellschaft:Augsburg Ust-IdNr. DE 204210010
Unglücklich glücklich Von europäischer Melancholie und American Happiness Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2009 ISBN 9783608941135 Gebunden, 198 Seiten, 16, 90 EUR Klappentext Wir sind süchtig nach Happiness, verschlingen Wellness-Ratgeber und schlucken Glückspillen. Wer niedergeschlagen ist, gilt als angeschlagen, wer melancholisch ist, wird angezählt, wer depressiv ist, dem droht der soziale K. o. Aber würden wir auf Goya, Hölderlin, Melville, Proust, Kafka, Hemingway, Rothko oder Lennon - alle bekennende Melancholiker - verzichten? Könnten wir das wirklich? Melancholie ist die Muse großer Werke der Literatur, Malerei und Musik. Ihr entspringen schöpferische Anstöße, nie vernommene Erkenntnisse, der ganz andere Blick auf die Welt und uns selbst. Eric G. Wilson hat ein aufwühlendes Lob für die europäische Melancholie geschrieben! BuchLink. In Kooperation mit den Verlagen ( Info): Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. Melancholie oder vom glück unglücklich zu sein droit. 03. 2009 Ernst Horst ist nicht sehr überzeugt von dieser Bestandsaufnahme zum alltäglichen und künstlerischen Gemütszustand.
Wer melancholisch ist, hat gute Chancen, als Genie in die Geschichte einzugehen - so dachten schon die alten Griechen. Was aber ist eigentlich Melancholie? Was heißt, eine Person, Landschaft oder Musik sei melancholisch? Melancholie oder Vom Glück, unglücklich zu sein (kartoniertes Buch) | Bücherblume. Sah man früher anderes darin als heute? Dieses Buch versucht dem Phänomen auf die Spur zu kommen und versammelt dazu die wichtigsten Texte und auch viele Neuentdeckungen, über Jahrhunderte und Ländergrenzen hinweg. Bedeutende Literaten, Philosophen und Psychologen äußern sich als Betroffene oder Interessierte - darunter Hippokrates, Robert Burton, Liselotte von der Pfalz, Sören Kierkegaard, Sigmund Freud und Susan Sontag, um nur wenige zu nennen. Einige Beiträge sind zum erstenmal auf deutsch zu lesen, und am Ende steht ein Originalbeitrag von Oliver Vogel, der die Melancholie in einem Versandhauskatalog aufspürt - letztes Teilstück eines faszinierenden, vielgestaltigen und gar nicht schwermütigen Mosaiks über das »Glück«, unglücklich zu sein.